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Profis wissen
Pflegekinder in Tirol
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Gespräch mit Frau Beate Troyer - Jugendamt
Innsbruck
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In Österreich steigt die Zahl der Kinder, die einen
Pflegeplatz brauchen jährlich, gleichzeitig sinkt die
Zahl der Familien, die bereit sind so ein Pflegekind kurzfristig
oder auf Dauer aufzunehmen ständig. Dabei wären
viele Familien grundsätzlich in der Lage und bereit ihre
Familie auf diesem Weg zu vergrößern. Diese Idee
scheitert aber dann oft an Bedenken, die sich auf Grund falscher,
durch Erzählungen oder Fernsehen verbreiteter Informationen
stützen. Mit diesem Bericht möchten wir einige dieser
Falschinformationen berichtigen.
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Es gibt drei verschiedene Arten von "Pflegschaften":
1. Dauerpflege
2. Krisenpflege
3. Passagere (Kurzzeitpflege)
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1. Dauerpflege
Wie der Name schon sagt, handelt es sich hier um Kinder, die auf
Dauer eine neue Familie suchen. Schon bevor das Kind in die Pflegefamilie
kommt, wird die leibliche Mutter davon informiert, dass ihr Kind
bei einer fremden Familie aufwachsen wird, und sie daran nichts
ändern kann. Das heißt, dass diese Entscheidung weder
an eine neue Wohnung, eine neue Beziehung oder Beendigung einer
Ausbildung geknüpft ist. Gerade in Tirol wird bei Pflegekindern
besonders Rücksicht auf kinderpsychologische Erkenntnisse genommen:
leibliche Eltern bekommen auf jeden Fall das Besuchsrecht, allerdings
nur so weit, damit die Kinder ihre Wurzeln kennen, aber gleichzeitig
die Beziehung bzw. Bindung zu den Pflegeeltern nicht beeinträchtigt
wird. Sollte es allerdings zu negativen Einflüssen durch die
leiblichen Eltern kommen, bzw. das Kind Widerwillen gegen diese
zeigen, wird das Besuchsrecht genau untersucht und dementsprechend
verändert. Bei dieser Art der Pflege arbeiten die Pflegefamilie
und das zuständige Jugendamt sehr eng zusammen, und die Wünsche
der leiblichen Eltern treten in den Hintergrund. Man versucht dem
Pflegekind eine Kindheit und Jugend in der Geborgenheit einer stabilen
Familie zu ermöglichen. Und das steht an aller erster Stelle!
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2. Krisenpflege
Hier sind Pflegeplätze für längstens drei Monate
gesucht. Meistens muss hier erst noch alles abgeklärt
werden: was passiert weiter mit dem Kind, kann es wieder in
die leibliche Familie zurück, oder muss alles für
einen Dauerpflegeplatz geregelt werden.
Diese "Krisenkinder" werden meist in Pflegefamilien
untergebracht, die schon auf einen eventuellen Notfall eingerichtet
sind, und jederzeit kurzfristig ein Kind aufnehmen können,
mit dem Wissen, dass es bald wieder abgegeben werden muss.
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3. Passagere bzw. Ergänzungsfamilie
Der Aufenthalt des Pflegekindes in der Pflegefamilie ist vorher geplant:
die meist alleinerziehende Mutter muss z. B. ins Krankenhaus, geht zur
Therapie, möchte eine Ausbildung fertig machen. Man weiß schon
vorher, wann das Kind kommt, und wie lange der voraussichtlich der Aufenthalt
dauern wird. Dabei arbeitet die Pflegefamilie aktiv mit: uneingeschränktes
Besuchsrecht, Besuchsfahrten zum Krankenhaus oder ähnliches.
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Für alle drei Arten gilt: entgegen der üblichen Meinung sind
nicht alle Kinder, die einen Pflegeplatz benötigen gequälte,
misshandelte oder missbrauchte Kinder. Oft sind es kleine Kinder von sehr
jungen Müttern, die selbst kaum den Anforderungen des täglichen
Lebens gewachsen sind, und zum Teil aus ähnlichen Verhältnissen
stammen. Dieser Teufelskreis kann daher nur durch die liebevolle Integration
eines solchen Kindes in die Geborgenheit einer Familie unterbrochen werden.
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Um sich als Pflegefamilie zu bewerben muss man sich zuallererst
an das zuständige Jugendamt wenden, um dann in mehreren Gesprächen
zu klären, ob man sich dieser Aufgabe mit all ihren Höhen
und Tiefen gewachsen fühlt.
Zur Vorbereitung für Pflegefamilien wird ein "Tirolweiter
Kurs für Pflegemütter/Pflegeväter und Krisenfamilien"
im Auftrag des Landes Tirols angeboten: Die Kosten für den
Kurs, für die Verpflegung und die eventuelle Betreuung der
Kinder von Kursteilnehmern durch geschultes Personal übernimmt
das Land Tirol. Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt,
Zusammenarbeit mit den Angehörigen, Krisen in den Pflegefamilien,
Erkennen von psychosomatischen Symptomen und einiges mehr.
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Auch nach der Aufnahme eines Pflegekindes wird man nicht allein gelassen:
Es gibt auf Wunsch weitere Seminare, Schulungen und fachliche Betreuung.
Eine wichtige Rolle spielen auch die Pflegeelternrunden. Hier haben Pflegeeltern
einmal im Monat die Möglichkeit sich auszutauschen, Gleichgesinnte
zu treffen, ganz unbürokratisch Rat und Hilfe zu bekommen.
Es gibt für Pflegeeltern auch eine finanzielle Unterstützung
die nach bestimmten Richtsätzen für ganz Tirol gelten. Eventuelle
medizinische Kosten, Beiträge für Schulschikurse, spezielle
Maßnahmen zur Entwicklungsförderung können eventuell vom
Land Tirol übernommen werden. Die Pflegemutter ist kranken- und pensionsversichert.
Innsbruck (Stadt und Land) versucht einen gewissen "Qualitätsstandard"
zu erreichen: Neben der Vorbereitung und Betreuung der Eltern wird speziell
auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen: Ein geregeltes Leben, ohne
Beeinflussung durch die Herkunftseltern, ohne Herausreißen aus einem Familienverband,
möglichst ohne Wechsel von einem zum nächsten Pflegeplatz ist oberstes
Gebot. Eine Wende in diese Richtung ist für ganz Tirol geplant. Auf Grund
dieser Voraussetzungen werden auch die Pflegefamilien immer stabiler,
immer weniger Kinder wechseln die Pflegeplätze. Viele Kinder bleiben auch
nach Ende der "Pflegezeit" (Volljährigkeit) bei ihren Familien bzw. haben
auch oft noch Kontakt, wenn sie schon eine eigene Familie haben.
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Durch diese Form der Familienbildung kann man Kindern eine Zukunft
geben, sie davor bewahren, herumgestoßen zu werden: Die Kinderheime
- auch in Tirol - sind voll: oft können Kinder nur noch für
24 Stunden aufgenommen werden. Auch die SOS-Kinderdörfer sind
schon überfüllt, da sehr kleine Kinder nach Möglichkeit
in kleinen Einrichtungen untergebracht werden. Somit ist auch hier
eine individuellere Betreuung gegeben.
Trotz aller Bemühungen ist der Bedarf an Pflegeplätzen
steigend, so kommen pro Jahr ca. 10 neue Anfragen auf Dauerpflegeplätze
dazu, von denen nur 3 - 4 Kinder in Pflegefamilien untergebracht
werden können.
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Für weitere Informationen steht das zuständige Jugendamt (in
Innsbruck Frau Beate Troyer - Tel: 0512/ 5360-2510; E-mail:
b.troyer@magibk.at ) gerne zur Verfügung.
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